In einer regelrechten Modell-Flut überschwemmten Anfang der Siebziger die japanischen Hersteller den Markt. Die Maschinen wurden von Jahr zu Jahr stärker, schneller und schwerer. An ihrer Zuverlässigkeit gab es schon bald kaum etwas auszusetzen. Die Bezeichnung „japanischer Standard“ wurde zum Begriff für perfekte Verarbeitung und Haltbarkeit. In diesem Erfolgsrausch experimentierten die Versuchs- und Entwicklungsabteilungen auch mit Kreiskolbenmotoren oder, wie nach seinem Erfinder Felix Wankel benannt, dem Wankelmotor.
Bewegliche Bauteile, wie Kolben, Pleuel, Ventile, Kipphebel, Stößel und Nockenwellenbetätigung gab es nicht. In einem „eiförmigen“ Innenraum, der sogenannten „Trochoide“, drehte sich ein Kreiskolben. Der auch als „Rotor“, „Läufer“ oder „Scheibe“ bezeichnete Kolben war allerdings nicht wie beim Zwei- oder Viertaktmotor rund, sondern „dreieckig“ und verfügte über drei Arbeitskammern. Die rundumlaufende Bewegung des Kreiskolbens in der Trochoide ermöglichte eine Exzenterwelle, die die Drehbewegung über die Kupplung ans Getriebe weitergab. Alle hin- und hergehenden Bewegungen, die man vom Hubkolbenmotor her kannte, kamen im Wankelmotor also nicht vor. Die Arbeitsweise des Wankelmotors entsprach jedoch einem Viertakter: Ansaugen, Verdichten, Arbeiten und Ausstoßen. Pro Kolbenumdrehung erfolgen dafür aber drei Arbeitstakte und das Wankeltriebwerk war wesentlich kompakter, leichter und auch kleiner.

Keine Frage, dass der in den sechziger Jahren bei NSU zur Serienreife entwickelte Wankelmotor eine wahre Kreiskolben-Euphorie auslöste. So logisch und einfach das System allerdings auch war, so gewaltig waren die Probleme, mit denen sich die Ingenieure in den kommenden Jahren noch auseinanderzusetzen hatten. Es waren die extrem hohen Temperaturen am Rotor, das Abdichten des Kreiskolbens sowie die Nebenaggregate. Die Zündanlage und die Gemischaufbereitung im Vergaser waren auch längst nicht so schnell unter Kontrolle zu bekommen wie gedacht. Dafür versprach aber keine andere Antriebsquelle eine so vibrationsarme Motorcharakteristik und eine so bärenstarke Durchzugskraft wie die Erfindung des deutschen Genie-Tüftlers Felix Wankel.

Bei Honda erstellte man auf CB 125-Basis den Prototyp A16 mit 125 ccm Kammervolumen und 14 PS bei 8000 U/min. Über das Versuchsstadion kam die A16 allerdings nicht hinaus.

Kawasaki nannte 1972 ihre Wankel-Studie X99. Der Zweischeiben Wankel brachte 58 PS, wurde aber wegen kaum lösbarer thermischer Probleme und einem viel zu hohen Benzinverbrauch nicht weiterentwickelt.

Ähnliches Schicksal traf die auf der Tokyo Motorshow 1972 präsentierte Yamaha RZ 201, die von einem 68 PS starken Zweischeiben Wankelmotor mit einem Kammervolumen von 2x330 ccm auf Trab gebracht werden sollte. Nur bei Suzuki ließ man sich nicht klein kriegen. Anders als bei den drei Mitbewerbern, die längst Viertakter im Programm hatten, war Japans drittgrößter Hersteller quer durch die Modellpalette Zweitakt-Spezialist. Und in dieses Konzept passte ein Wankel-Motorrad haargenau hinein. Das zunächst als RX-5 bezeichnete Wankel-Experiment sollte im Suzuki-Programm das Flaggschiff werden. 
Die Lorbeeren, das erste Wankel-Motorrad auf die Räder gestellt zu haben, können sich die Suzuki-Konstrukteure jedoch nicht holen.

Bereits 1963 fungierte ein Kreiskolbenmotor, mit 175 ccm Kammervolumen und rund 25 PS Leistung, im BK 351-Fahrgestell als rollendes Versuchslabor von MZ. Die Versuchsträger waren zur Entwicklung eines Einscheiben Trabi und eines Zweischeiben Wartburg gedacht. 1965 wurden diese Versuche aber beendet.

  Wie ernst die Wankel-Technik damals genommen wurde, zeigte die Tatsache, dass sich selbst im konservativen England 1969 das BSA-Werk mit der Materie beschäftigte. Ein Fichtel & Sachs-Stationär-Wankelmotor wurde als Versuchsträger in die 250er BSA Starfire eingebaut.  Zu kaufen gab es dieses 18 PS Bike jedoch nie. Etwas mehr Glück hatten die Norton-Fans.

 

Ab 1971 probierte NVT (Norton-Villiers-Triumph) ein luftgekühltes Zweischeiben-Wankelmotorrad aus. Der Zweischeiben Wankelmotor hatte bei einem gesamtvolumen aller 6 Kammern von 1750ccm eine Leistung von zuletzt 80 PS.Man brachte es sogar auf den Markt und modifizierte es 1984 auf Wasserkühlung. Die eigentliche Sensation waren jedoch Ende der Achtziger die Rennerfolge in der britischen F1-Meisterschaft und 1992 der Norton Wankel-Sieg bei der TT auf der Isle of Man. Ein sechsrundenschnitt (364,5km) von 195,176 km/h und eine schnellste Runde mit einem Schnitt von 198,926 km/h waren beachtlich!

Ebenfalls einen festen Platz in der Geschichte fand die Hercules W 2000.

 Als Messe-Sensation wurde das Hercules-Motorrad mit Lufgekühltem SACHS-Wankelmotor 1970 auf der IFMA in Köln präsentiert. Bis der „fliegende Staubsauger“ auf den Markt kam, wurde es jedoch Frühjahr 1975. Der Einscheiben Wankelmotor mit einem Kammervolumen von 294 ccm leistete zuerst  25 PS, später dann  27 PS. Damit erreichte die 176 kg schwere W 2000 mit ihrem 6-Gang Rotaxgetriebe eine Höchstgeschwindigkeit von 144 km/h. Zur IFMA 1976 wurde die "Hercules Wankel 2000 Injection" vorgestellt. Sie enthielt unter anderem eine Getrenntschmierungsanlage mit separatem Öltank und Öldosierpumpe. Dadurch entfiel das lästige Öl beimischen beim Tanken. Nicht zuletzt auch deshalb, weil manche Details an die Kleinkrafträder des Hauses Herkules erinnerten und dem hohen Benzinverbrauch von 7,2 l/ 100 km wurden Insgesamt von beiden Varianten nur etwa 1800 Stück verkauft.

 

Nicht zu vergessen, die Van-Veen OCR 1000.

Das mit einem Zweischeiben-Comotor-Wankeltriebwerk mit 996ccm Kammervolumen ausgestattete und 100 PS starke Luxusrad darf zweifellos als Highlight in der Wankel-Motorrad-Historie bezeichnet werden. Sie hatte eine Beschleunigung von 0 auf 100 in 3,8 Sekunden und bei einem Leergewicht von 330 kg erreichte das Kardangetriebene und Flüssigkeitsgekühlte Wankelbike eine Höchstgeschwindigkeit von 213 km/h. Zu mehr als eine Kleinserie sollte es für die OCR 1000 aber auch nicht reichen, nicht zuletzt auch wegen des Anschaffungspreises von 28198 Mark!.

Doch zurück zur Wankel-Suzuki:

 

 Suzuki war sich sicher, dass die ganze Welt nur auf ein leistungsstarkes Wankel-Motorrad wartete. Der Aufwand wurde allerdings immens. In kein anderes Modell investierte das Werk so hohe Entwicklungsarbeit. Die Abdichtung des Kreiskolbens musste in den Griff bekommen werden, dazu gab es thermische Probleme beim Motor und der Auspuffanlage. Aber auch bei der Schmierung, der Zündanlage und dem Vergasersystem gab es keinerlei Erfahrungswerte. Alles musste neu entwickelt und ausgiebig erprobt werden. Für das Kühlsystem vom Rotorblock entschied man sich für eine Kombination aus Flüssigkeits/Ölkühlung. Gut 4,5 Liter Flüssigkeit, wovon die Hälfte aus einem speziellen Kühlmittel und die andere Hälfte aus destilliertem Wasser bestand, übernahmen die äußere Kühlung, für eine zusätzliche Innenkühlung, sowie die obligatorische Lagerschmierung vom Kreiskolben und des Exzenters, sorgte eine Nasssumpfschmierung mit 2,2 Liter Ölhaushalt und Ölkühler. Die Dichtleisten wurden über ein zweitakttypisches Frischölsystem geschmiert. Eine lastabhängige Pumpe fördert das von Suzuki empfohlene spezielle RE-Öl aus dem separaten Öltank als „Beiwerk“ zum Gemisch in den Vergaser. Ebenfalls intensive Kühlung benötigte die Auspuffanlage, die bei Wankeltriebwerken bis rotglühend-heiss werden konnte. Die beiden Auspufftöpfe wurden doppelwandig ausgelegt und gleich vorne am verrippten Leichtmetallkrümmer waren jeweils rechts und links kleine Lufteinlässe vorgesehen. Die Schalldämpfer waren so konstruiert, dass der frische Fahrtwind für eine Innenkühlung sorgte. Als eine „Wissenschaft“ für sich ließen sich die Zündanlage und der Mikuni Doppelvergaser bezeichnen. Um in den verschiedenen Betriebszuständen einen gleichmäßigen Motorlauf hinzubekommen, kamen die japanischen Wankel-Experten auf die geniale Idee, die Zündanlage mit zwei Unterbrecherkontakten auszustatten. Im Teillast- und Schiebebereich zündete ein Kontakt nur jede zweite Kammer. Kam der Motor auf Touren, schaltete ein drehzahlabhängiges Relais gekoppelt mit einem Vakuumschalter, der vom Unterdruck im Vergaser abhängig war, den zweiten Unterbrecherkontakt hinzu. Jetzt wurde jede Kammer gezündet. Da normale Zündkerzen im Wankelmotor nicht verwendet werden können, ließ Suzuki bei NGK Spezialausführungen entwickeln. Bei gemütlicher Fahrt sollte die 9er und bei schneller Autobahnjagd die 10er eingeschraubt werden. Nicht minder kompliziert ging es im Mikuni Register-Doppelvergaser zu. Der Vergaser verfügte über einen Primär- und Sekundäreinlass. Die Drosselklappe im Primäreinlass mit 18 mm Durchlass wurde vom Gasgriff via Bowdenzug direkt gesteuert, während die Drosselklappe im Sekundäreinlass mit 32 mm Durchlass erst nach voller Öffnung des Primäreinlasses aufmachte. Der Vergaser war zusätzlich mit Beschleunigerpumpe, membrangesteuerter Anreicherungsvorrichtung und Absperrventil ausgestattet. Das machte ihn nicht nur außerordentlich aufwändig, er war auch mit einer Vielzahl von Leitungen, Hebel und Gestängen ausgestattet. Bei der weiteren Triebwerkskonstruktion konnte die Entwicklungsabteilung dagegen auf bewährte Muster aus dem Motorenbau zurückgreifen. Den Primärantrieb übernahm eine Duplexkette, eine Mehrscheibenkupplung im Ölbad leitete den Kraftfluss ans klauengeschaltete Fünfganggetriebe weiter und den Endantrieb erledigte eine Rollenkette. Die elektrischen Bauteile nahm man aus dem Lager, beim Chassis bediente man sich des leicht modifizierten Fahrwerkes der GT750, die Speichenräder erhielten Flachschulter-Felgen aus Aluminium. Es war ein gigantisches Werk, was Suzuki 1974 auf die Räder gestellt hatte. Die offizielle Bezeichnung lautete nun RE 5 Rotary, wobei das RE 5 die Abkürzung für Rotation-Engine und die 5 aufgerundet für 497 ccm-Kammervolumen stand. Stolz konnten die Macher auf insgesamt 20 eigene Patente verweisen. Auf dem ganzen Motorradmarkt gab es keine vergleichbare Maschine. Die RE 5 wirkte nicht nur groß und mächtig, sie drückte auch über fünf Zentner auf die Waage. Die Instrumentenkonsole in form eines liegenden Zylinders enthielt neben Tacho, Drehzahlmesser, Wasser-Thermometer, digitaler Ganganzeige, sowie Kontrolllampen für Benzin- und Ölstand, Leerlauf, Fernlicht und Blinker. Sofort hatte die Info-Tonne ihren Spitznamen „Botanisier-Trommel“ weg. In gleicher rundlichen Aufmachung hatten die Suzuki-Designer das Rücklicht gestylt. Gewaltig eckig war der Wasserkühler, der serienmäßig sogar noch von einem verchromten Sturzbügel eingerahmt war. Das Handling der RE5 war alles andere als zufriedenstellend. Durch den hohen Schwerpunkt und den 1500 mm Radstand ließ sich jedoch nichts anderes erwarten. Beim Rangieren, oder wenn‚s um enge Ecken ging, zeigte sich die Rotary wackelig, erst bei höherem Tempo glänzte sie durch sturen Geradeauslauf. Auch in ihren Fahrleistungen riss sie niemanden vom Hocker. Von null auf 100 km/h vergingen 6 Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit lag gerade mal bei 175 Sachen. Für Tourenfahrer war sie dagegen ideal. Ausgesprochen schaltfaul ließ sich mit ihr durch die Gegend kutschieren. Bereits ab 2000 Touren schob das Triebwerk an. Gleichmäßig ohne sich zu verschlucken und ohne lästige Motorvibrationen. Ganz gleich, wo die RE5 auftauchte, sie erregte Aufmerksamkeit, die Leute blieben stehen, fragten den Fahrer Löcher in den Bauch. Letztendlich ging es auch immer wieder um das Aussehen. Bekanntlich lässt sich ja über Geschmack streiten. Bei Motorrädern ist das jedoch so eine Sache, mögen oder nicht mögen bedeutet nämlich gleichzeitig ein Verkaufsrenner oder eben Ladenhüter. Von der anfänglichen Wankel-Begeisterung war Mitte der Siebziger kaum noch etwas übrig geblieben. Das hatte allerdings wenig mit der Optik zu tun, als vielmehr mit dem Ruf. Nicht immer waren es die Dichtleisten vom Rotor, die kaputt gingen, stand eine Wankel erst einmal in der Werkstatt, war natürlich gleich der Motor hin. Basta! Das eigentliche Problem der RE 5 Modell M war aber die Zündanlage und der Vergaser. Und diese Schäden ließen sich nur von Spezialisten reparieren. Suzuki hatte zum Glück an alles gedacht. Es gab ausführliche Betriebsanleitungen und Reparaturhandbücher, Lehrgänge, eine Fülle von Spezialwerkzeug sowie spezielle Prüf- und Messgeräte. Wer mitreden wollte, musste sich in die Materie einarbeiten. Und das war bereits das erste Problem. Von den RE 5-Besitzern war dies nicht zu verlangen, schließlich konnte man ihnen die Werkstattausrüstung ja nicht gleich mitverkaufen und die jungen Suzuki-Werkstätten hatten weiß Gott andere Probleme. Ohne im Nachhinein die Qualitäten der damaligen Mechaniker und Werkstattmeister abzuwerten, viele waren mit der Wankel-Technik schlicht überfordert. Auch fehlte die Erfahrung, aber woher sollte sie auch kommen. Lediglich 65 Suzuki RE 5 Rotary wurden nach Deutschland importiert. Suzukis Traum vom Topseller wurde zum Alptraum. Von der ersten Stunde an war die Wankelsuzie ein Exote.Daran änderte auch das Nachfolgemodell RE 5 Rotary Modell A nichts.

Klassische Rundinstrumente, kontaktlose Zündung und modifizierter Vergaser brachten zwar optische und technische Verbesserungen, haben wollte die Wankel inzwischen aber schon lange keiner mehr. Ein enthusiastisches, aber auch kostspieliges Experiment war für Suzuki damit beendet.

Technische Daten Suzuki RE 5 Baujahr 1975:

Motor: 
Flüssigkeits/ölgekühlter Dreikammer-Einscheiben-Kreiskolbenmotor (Lizenz NSU-Wankel), Kammervolumen 497 ccm, Verdichtung 8,6:1, 62,8 PS bei 6500/min, ein Mikuni Register-Doppelvergaser, 18-32 HHD, Kondensator-Zündanlage mit zwei Unterbrecherkontakten, Schmierung Nasssumpfschmierung mit 2,2 Liter Ölhaushalt und Verlustschmierung über lastabhängige Ölpumpe aus separatem Öltank mit 4-Takt-Öl, Lichtmaschine 12 Volt/ 280 Watt

Antrieb:
Primärantrieb über Duplexkette, Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Endantrieb über Kette

Fahrwerk:
Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen, Telegabel, Hinterradschwinge mit zwei Federbeinen, vorn Doppelscheibenbremse und hinten Trommelbremse, Bereifung vorn 3.25H19, hinten 4.00H18, Gewicht 260 kg

Spitze: 175 km/h

Preis: 8890 Mark